Information
Das Wesen der Information: Von DNA-Bauplänen bis zu kosmischen Botschaften
Das Thema ist eine Herausforderung. Am liebsten möchte man den Begriff mit sich selbst erklären: Information transportiert Informationen über Vorgänge. Das hilft allerdings nicht weiter. Es scheint verschiedene Arten von Information zu geben. Ich kann zum Beispiel Informationen über eine Person sammeln: Zeitungsausschnitte, Internetbeiträge, Schulzeugnisse und Berichte anderer Personen, die sich mit der Zielperson beschäftigen. Information kann auch genutzt werden, um etwas zu erschaffen, wie etwa den genetischen Code. In der DNA ist der Bauplan für ein Lebewesen enthalten – eine Anleitung also. Ähnlich wie eine Montageanleitung von IKEA: Folge ich den Schritten der Anleitung, habe ich am Ende eine Kommode mit einem skandinavisch klingenden Namen.
Sind die Bauanleitungen von IKEA und der genetische Code vergleichbar? Beide enthalten jedenfalls Informationen. Die Montageanleitung benötigt jedoch eine Person, die sie interpretiert und bereit ist, sie auszuführen. Von selbst wird die Kommode nicht entstehen, schon allein weil das entsprechende Material nicht vorhanden ist und das Universum auch keinen passenden Imbusschlüssel bereitstellt. Ohne einen Interpreten ist diese Information wertlos, aber dennoch existent. Die DNA scheint dagegen anders zu funktionieren. Hier handelt es sich um Moleküle, die den Regeln dieses Universums folgen. Wie in einem Dominospiel folgt eine chemische Reaktion der anderen und bedingt die nächste. Einer Interpretation bedarf es nicht; der Ablauf ist fest vorgegeben und führt zur Bildung von Eiweißen, die sich wiederum, festen Regeln folgend, zu größeren Strukturen zusammenfügen. Dieser Vorgang erscheint mir ziemlich deterministisch.
Eine weitere Form der Information ist im Licht fremder Sterne zu erkennen. Diese Art der Information führt zu nichts Neuem, sondern gibt Auskunft über laufende oder vergangene Prozesse. Enthält ein weit entfernter Stern beispielsweise schwere Elemente, kann ich dies an der Art seines Lichtspektrums erkennen. In einer fernen Galaxie kommt es zu einer Supernova, und nach hundert Millionen Jahren sehen wir einen Lichtblitz am Himmel. Es passiert etwas in diesem Universum, und es hat Auswirkungen an jedem noch so entfernten Ort. Mit den geeigneten Messinstrumenten wären vermutlich auch unbedeutende Ereignisse erkennbar. Kann mich das zu dem Schluss verleiten, dass jedes Ereignis im Universum an jedem beliebigen Ort des Universums Auswirkungen hat und damit nachvollziehbar wäre? Vermutlich hat Einstein diese Vorstellung mit seiner allgemeinen Relativitätstheorie und der Regel, dass nichts schneller als das Licht sein könne, entkräftet. Die Information über die Supernova in 100 Millionen Lichtjahren Entfernung wäre also 100 Millionen Jahre lang auf der Erde nicht ablesbar.
Aber was ist nun das Wesen der Information? Zumindest scheint alles, was ich selbst wahrnehme, reine Information zu sein. Alles, was ich sehe, ist Licht, das auf meine Netzhaut fällt. Die chemischen Reaktionen, die dadurch ausgelöst werden, verwandeln mein Gehirn in ein Abbild des Gesehenen. Der gesehene Gegenstand selbst entsteht erst in meinem Kopf. Die Strukturen, die ich dabei erkennen kann, sind ziemlich grob; ich kann so Umrisse und Oberflächen erkennen. Die Information über den atomaren Aufbau lässt mein Gehirn weg, vermutlich aufgrund zu schlechter Sensoren. Schaue ich durch ein Rasterelektronenmikroskop, erhöht sich die Informationsdichte pro Flächeneinheit. Kleinere Strukturen werden erkennbar. Könnte ich die Atome selbst sehen, würden mir vielleicht Wasserstoffatome mit einem Proton und einem Elektron auffallen. Mit einer geeigneten Lupe könnte ich immer genauer schauen und würde bis zu den kleinsten, elementaren Teilchen vordringen. Die Frage ist, ob die Informationen, die ich erkennen kann, tatsächlich Informationen über eine Realität der Elementarteilchen sind oder ob die Informationen selbst nicht die Realität darstellen.
Ein computergeneriertes Bild wäre ein passendes Beispiel für eine solche Realität. Der Schaukelstuhl, den ich auf dem Monitorbild sehe, besteht nur aus reiner Information. Der Stuhl ist durchaus real – ich kann ihn ja sehen. Er ist zugleich auch nicht real, denn ich kann ihn nicht anfassen. Der Monitor sendet Informationen, die meine Stäbchen und Zapfen in der Netzhaut reagieren lassen, doch Informationen für meine taktilen Rezeptoren sendet er nicht. Würde er diese senden, könnte ich den Stuhl auch anfassen. Real im Sinne meines herkömmlichen Realitätsverständnisses wäre er dennoch nicht.
Kommen wir zurück zu Einstein. Hätte er sich etwas weniger Relatives ausgedacht, hätte ich jetzt kein Existenzproblem. Wenn eine Information nur entsteht, wenn ein Betrachter sie interpretiert, wären nicht wahrgenommene Informationen nicht existent. Vorstellbar ist das Ganze nicht. Ich kann mir einen Radarschirm vorstellen, mit einem hell erleuchteten Kreis und bewegten Punkten in der Mitte und tiefer Schwärze außerhalb des Radarkreises. Nähert sich ein Objekt von außen dem Kreis, wird es sichtbar, sobald es den äußersten Umfang überschreitet. Alle Objekte außerhalb meines Radarkreises versinken in der Schwärze, sind nach herkömmlicher Ansicht aber durchaus existent. Der hier formulierte Gedanke führt jedoch dazu, dass diese Objekte nicht existent wären. Sie würden erst am Horizont des Radargerätes entstehen.
Nun gut, darauf kann ich später noch einmal genauer eingehen. Allerdings ergibt sich an dieser Stelle ein weiterer interessanter Gedanke: Was wäre vor diesem existenziellen Hintergrund eine Erinnerung und was wäre eine Zukunftsvision? Aber leider stehe ich nun schon wieder vor meiner Haustür, so muss der Gedanke ungedacht bleiben.